Schlechte Aussichten für neue Radwege

Veröffentlicht am 19.02.2014 in Presseecho

Julian Marx zeigt den Alten Frankfurter Weg an der Grenze zwischen Mannheim und Lampertheim

Die Grenzen der Bundesländer sind mit bloßem Auge in der Regel nicht sichtbar. Fährt man aber von der Blumenau in Richtung Lampertheim, dann ist das etwas anders. "Das ist wie mit der Linie gezogen", sagt SPD-Bezirksbeirat Julian Marx, als er an der Grenze steht. Vor ihm - auf hessischer Seite - beginnt eine gut asphaltierte Straße mit einem Radweg daneben. Auf baden-württembergischer Seite fährt man dagegen eher auf einer Rumpelpiste. Für Marx ist der Zustand "unhaltbar". Er kritisiert vor allem, dass es dort keinen Radweg gibt. Wer auf dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs ist, muss sich die schmale Fahrbahn mit den Autos teilen. Und davon, so Marx, seien immer mehr auf dem Abschnitt unterwegs.

Der Bezirksbeirat Sandhofen, der auch für die Blumenau zuständig ist, hatte in seiner vergangenen Sitzung bereits angeregt, den Alten Frankfurter Weg im Abschnitt zwischen der Eugen-Neter-Schule und der Landesgrenze mit einem Radweg zu versehen. Die Stadt, so berichtet es Marx, habe daraufhin aber erklärt, die Verkehrsbelastung an dieser Stelle sei gering. Ein Radweg sei daher nicht geplant.

"Verkehr ist mehr geworden"
"Vielleicht sollte man hier mal eine Verkehrszählung machen", sagt Marx. In der Tat rauschen an einem Vormittag unter der Woche mehrere Wagen pro Minute über die Straße. Wer aus dem Osten von Lampertheim oder anderen Städten in Südhessen nach Mannheim fahre, der nehme oft diesen Weg, sagt der Bezirksbeirat. "Es ist mehr geworden, seit in Lampertheim die Umgehungsstraße fertig ist", meint ein Anwohner, der gerade vorbeikommt. Ob er Radfahrern raten würde, hier zu radeln? "Wenn sie lebensmüde sind, können sie das machen!"

Gerade bei schönem Wetter sei das Landschaftsschutzgebiet "Sandtorfer Bruch" ein beliebtes Ausflugs-ziel für Menschen aus den nördlichen Stadtteilen, sagt Marx. "Das ist ja eigentlich ein wunderschönes Gebiet, um Rad zu fahren oder mit seinem Hund spazieren zu gehen." Er weiß, dass es nicht ganz billig und unkompliziert sein würde, einen Rad- und Fußweg anzulegen: Die angrenzenden Grundstücke reichen bis an die schmale Fahrbahn. Aus Sicherheitsgründen sei eine Radspur aber trotzdem nötig. Die Fahrbahn neu zu asphaltieren, hält Marx hingegen nicht für vordringlich. "Dann würden die Autofahrer noch schneller fahren." Und an Tempo 50 halte sich schon jetzt nicht jeder.

Einen Radweg wünschen sich viele auch einige Hundert Meter weiter südlich, entlang des Viernheimer Wegs zwischen der Blumenau und der Eugen-Neter-Schule. Auch dort ist die Straße in schlechtem Zustand, neben der Fahrbahn gibt es nur einen dünnen Pfad durchs Gras für Radler und Fußgänger. Fast 1000 Unterschriften hatte der Elternbeirat der Sonderschule vor etwas mehr als einem Jahr gesammelt. Auch Bezirksbeirat und Stadträte fordern einen Ausbau. Zwar werden viele Kinder zur Schule gefahren, außerdem gibt es einen Bus, der zweimal am Tag pendelt. Doch Kinder, die den Bus verpassen oder zu einem Ausflug aufbrechen wollen, müssen den Pfad benutzen. Das Gleiche gilt etwa für die Referendare der Schule, von denen manche kein Auto haben.

"Besonders schlimm ist das, weil viele von den Schülern ja gehandicapt sind", sagt Julian Marx. Auch Ralf Rothermel, CDU-Bezirksbeirat und Blumenauer, fände es sinnvoll, den Fußpfad künftig zu befestigen.
FDP und Grüne hatten bei den Haushaltsberatungen beantragt, die Strecke in den Etat 2014/2015 aufzunehmen. Bei den anderen Parteien fand der Plan aber keine Mehrheit. CDU-Stadtrat Konrad Schlichter, selbst Mitglied im Förderverein der Schule, betont, er kenne die Materie. Allerdings teile er die Auffassung der Verwaltung. "Dort findet nicht viel Rad- und Fußverkehr statt." Zudem hätten die Kinder den Anspruch, befördert zu werden. "Es gibt in der Stadt viele Stellen, an denen ein Radweg nötiger wäre", so Schlichter.

"Eine Zumutung"
Der Vorsitzende des Elternbeirats der Eugen-Neter-Schule bleibt dagegen bei seiner Auffassung: Der jetzige Zustand sei eine "Zumutung", so Fritz Sütterlin. "Die politische Einsicht fehlt." Auch wenn sie derzeit ein bisschen ratlos sind: Den Kampf für den Radweg wollen die Elternvertreter nicht aufgeben. Das Argument, auf der Strecke gebe es zu wenig Radler und Fußgänger, will Sütterlin nicht gelten lassen: Wo noch kein richtiger Weg sei, sei eben auch niemand gerne unterwegs.

© Mannheimer Morgen, Mittwoch, 19.02.2014